Dies ist ein Gastbeitrag für den Blog des eLearning-Projekts der RWTH Aachen, der ursprünglich hier erschien.

Unzählige Bücher, Kurzgeschichten, Filme, Serien und Videospiele bilden den reichen Kanon der Science Fiction (SF), die in einem Maße wie wohl kein anderes Teilgebiet der Literatur- und Medienwissenschaften in der Populärkultur vertreten ist und gerade in Hinsicht auf Hollywood-Erfolge (wie etwa Avatar) einen Rekord nach dem anderen verbuchen kann. Doch leider ist das Genre, dessen Präsenz in den Medien stetig anwächst, an deutschen Universitäten nur wenig (oder gar nicht) vertreten, und das obwohl Studierenden das Thema stark nachfragen. Ein Problem ist, dass die Forschung und das Expertenwissen zur SF sich größtenteils im anglo-ameri­kanischen Raum befinden und deutsche Dozenten das Fach kaum unterrichten – auch, weil Übersichtsmaterialien und Einführungen in den Bibliotheken nicht immer leicht zu erhalten sind.

Im Sommersemester 2012 findet daher an der Universität Hamburg ein neuartiges und von der Initative “Seminare ans Netz” gefördertes Projekt statt, das versuchen möchte, Spezialwissen über die Science Fiction zu bündeln und allen interessierten Dozenten in einfacher und pragmatischer Form nutzbar zu machen. Das Projekt “A Virtual Introduction to Science Fiction” sieht daher einen Dreischritt vor, um Lehrende bei der Gestaltung zukünftiger SF-Seminare zu unterstützen.

Im ersten Schritt wird im Semester von April bis Juli eine Lehrveranstaltung stattfinden (Di 18-20 Uhr), die ein Seminar mit einer Vorlesungsreihe koppelt. Im Rahmen der Vorlesungsreihe werden jede Woche per Videokonferenzen (via Adobe Connet) “live” Experten eines jeweiligen Gebietes, wie etwa einer bestimmten historischen Periode (Golden Age, New Wave, Cyberpunk etc.) oder einer medialen Spielart der SF (Film, Spiel, Fandom etc.), eine Einführung in die Thematik geben und den Studierenden dann für ein Gespräch zur Verfügung stehen. Im Anschluss findet dann ergänzend ein Seminar statt, dass die in der Vorlesung vorgestellte Thematik anhand einer textuellen Analyse vertieft und so das erworbene theoretische Wissen in praktische Anwendung bringt. Das Programm sieht aktuell folgende Beiträge vor:

03.04. – What is SF? Some Thoughts on Genre – John Rieder (University of Hawaii)

10.04. – Proto-SF (History of SF up to 1900s) – Brian Stableford (Independent)

17.04. – The Rise of the Pulps (1900s-1930s) – Zahra Janessari (University of Teheran)

24.04. – The Golden Age of SF (1940s-1950s) – Gary Westfahl (University of La Verne)

08.05. – The New Wave of SF (1960s-1970s) – Ed Carmien (Mercer County CC)

15.05. – Cyberpunk (1980s-1990s) – Pawel Frelik (University of Lublin)

22.05. – Slipstream and Crossovers (2000s) – Doug Davis (Gordon College)

05.06. – SF as Genre Film (1900s-1960s) – Alfredo L. Suppia (Universidade de Campinas)

12.06. – SF and New Hollywood (1970s-2000s) – Mark Bould (University of the West of England)

19.06. – Feminism in Science Fiction – Ritch Calvin (SUNY Stony Brook)

26.06. – Race in Science Fiction – Lisa Yazek (Georgia Institute of Technology)

03.07. – Fandom in Science Fiction – Robin Reid (Texas A&M University Commerce)

10.07. – New Media Forms of Science Fiction – Stefan Hall (Defiance College)

Im zweiten Schritt werden die Video-Vorträge aufgezeichnet und durch weitere, ergänzende Unterrichtsmaterialien (schriftliche Form des Vortrages, Primärtext­vorschläge, Fragestellungen für Diskussionen, Themenergänzungen, Hinweise) für die Erstellung eigener Seminare auf einer Website der Universität Hamburg (www.virtualsf.uni-hamburg.de – Freischaltung erfolgt zum 01. April 2012) ge­sammelt und für interessierte Lehrende weltweit kostenlos im Rahmen der Creative Commons License zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Wer als Dozent oder Lehrer eine Einheit zur SF (oder zu einem Teilgebiet der SF) in sein Seminar einbauen möchte, oder ein komplettes Seminar dazu zu gestalten wünscht, der findet auf der Website einen virtuellen Baukasten mit Bausteinen, die nach Belieben zusammen­gefügt werden können.

Im dritten, abschließenden Schritt können dann weitere, nicht in der Hamburger Lehrveranstaltung genutzte Seminarbausteine und Feedback beliebig von den die Website benutzenden Kollegen ergänzt werden. Hierzu sind bereits jetzt weitere kurze (20 min.) und lange (40 min.) Beiträge zu spezielleren SF-Themen (u.a. zur militärischen SF, zu nationalen Traditionen) eingeworben worden, die ebenfalls aufgezeichnet und durch Materialien ergänzt werden. Denkbar wäre aber auch, dass interessierte Lehrende eigenverantwortlich Bausteine erstellen und der Website als Ergänzung zur Verfügung stellen. Die Hoffnung ist, dass eine eLearning-Ressource für den Bereich der Science Fiction entsteht, die international von Lehrenden aller literatur-, kultur- und medienwissenschaftlichen Fächer genutzt werden kann und so dem im akademischen Rahmen bislang vernachlässigten Bereich zu mehr Auf­merk­samkeit verhilft.

Projektverantwortlicher: Lars Schmeink, MA, MoHE (Universität Hamburg)