Folgt man Lyman Tower Sargent, der mit seinem Artikel „Three Faces of Utopianism“ die anglo-amerikanischen Utopian Studies nachhaltig geprägt hat, dann sind Utopien schon aufgrund ihrer Namensgebung nicht eindeutig zu bewerten.[1] Die englische Aussprache der griechischen Begriffe „utopia“, „outopia“ und „eutopia“ lässt diese als Homophone erklingen und verwischt somit „ohne Ort“, „kein Ort“ und „guter Ort“ zu einem gemeinsamen Konstrukt. Der Begriff der Utopie bezeichnet also erst einmal nur „eine nicht existente Gesellschaft, die in einigem Detailreichtum beschrieben ist und normalerweise in Zeit und Raum verortet werden kann.“ Wenn diese „als bedeutend besser wahrgenommen“ wird, spricht man von einer „Eutopie“. Ihr gegenüber steht die „Dystopie“, also eine Gesellschaft, die „als bedeutend schlechter“ bewertet wird.[2] Sargent setzt diese Evaluation (was als besser oder schlechter wahrgenommen wird) in Bezug zum individuellen Leser, zur individuellen Leserin, was in der Literaturwissenschaft durchaus als kontroverser Schritt zu sehen ist, da eben keine festen Bewertungskriterien entstehen.

Schon Thomas Morus’ genrebegründendes Buch Utopia von 1516 zeigt für heutige Leser*innen sowohl positive wie auch negative Aspekte eines staatlichen Systems auf. Sicherheit und Prosperität stehen in Morus’ Staat zugleich Überwachung und Kontrolle entgegen, die seine Bürger*innen zu einem bestimmten Verhalten zwingen. Die Frage, was als Eutopie und was als Dystopie zu gelten hat, ist von einer individuellen Bewertung bzw. Betrachtung abhängig. Daher nutze ich im Folgenden häufig den übergeordneten Begriff der Utopie, die vor allem auf ein gesellschaftliches Neudenken durch Kultur verweist, ohne dabei im Detail eine Bestimmung der Bewertung vornehmen zu müssen.

Dieser Unschärfe der Begriffe durch eine individuelle Bewertung muss man nun noch hinzufügen, dass sich die Darstellungen eutopischer und dystopischer Gesellschaften in den letzten Jahrzehnten überschnitten haben und die Werke zwischen den Polen eine Vielzahl von Vermischungen aufweisen, die von Tom Moylan mit den Begriffen der ‚kritischen Utopie‘ und ‚kritischen Dystopie‘ beschrieben werden. Moylan sieht diese Formen sowohl als ‚kritisch‘ in ihrer Darstellung utopischer Gesellschaften als auch in ihrer Einstellung dem utopischen Projekt selbst gegenüber. Er beschreibt die kritische Utopie als in einem neuen sozialen und kulturellen Kontext gedacht und in ihrer Grundhaltung zwar positiv, aber als komplexer und deutlich selbstreflexiver als es klassische Utopien (wie etwa Edward Bellamys Looking Backward 2000-1887 [1888]) waren.[3] Die kritische Dystopie sei auch selbstreflexiv, dabei aber weniger radikal in der Ablehnung des utopischen Gedankens als klassische Dystopien (wie George Orwells Nineteen Eighty-Four [1949]). Sie bieten jedoch meist eine eutopische Enklave oder die Hoffnung, dass die Dystopie überwunden werden könne.[4] Eine extreme Ausrichtung auf ‚rein negativ‘ oder ‚rein positiv‘ ist also nicht gegeben, vielmehr weisen die meisten beschriebenen Gesellschaften heutzutage Elemente von beidem auf. Entsprechend dieser Axiome sind die Ausführungen hier zu verstehen: Gespielte Utopien verhandeln mögliche Gesellschaftsbilder, in denen Warnungen vor negativen Veränderungen (dystopische Elemente) und hoffnungsvolle Momente auf eine bessere Welt (eutopische Elemente) sich vermischen. Videospiele ermöglichen, dieses Spektrum zu erkunden und individuelle Positionen zu entsprechenden gesellschaftlichen Veränderungen zu finden.

Videospiele sind in der Forschung, vor allem aber der Gesellschaft erst seit kurzer Zeit als Kulturgüter anerkannt.[5] Diskussionen in Politik und Feuilleton weisen noch immer eine erkennbare Ignoranz ob der kulturellen Vielfalt und gesellschaftlichen Relevanz von Spielen auf.[6] Dabei hat der Anthropologe Johan Huizinga den spielenden Menschen, Homo Ludens, in den 1930ern neben den denkenden und den schaffenden Menschen gestellt. Mit Rückgriff auf Friedrich Schillers Plädoyer, das Spiel als zentralen Teil menschlichen Seins zu sehen, versteht auch Huizinga das Spiel als Aspekt menschlicher Kultur. Wichtigste Aussage seiner Arbeit ist, dass er das Spiel in allen Bereichen der Gesellschaft nachweist – als Grundlage des religiösen Rituals, des militärischen Kriegsszenarios oder des Gerichtsverfahrens. Für ihn gilt: „Spiel ist älter als Kultur […] [es,- L.S.] ist eine sinnvolle Funktion.“[7] Entsprechend hat das Spiel eine Bedeutung, eine Aussage. Das gilt natürlich umso mehr, je komplexer ein Spiel wird.

Game Studies sind ein recht junger Bereich wissenschaftlicher Forschung, der verschiedene Aspekte des Spielens umfasst. In meinen Ausführungen folge ich Frans Mäyrä, Spiele kulturwissenschaftlich zu begreifen, also die künstlerische Dimension von Spielen ernst zu nehmen und sich dabei auf drei miteinander in Bezug stehende Aspekte der Analyse zu konzentrieren: „(1) study of games, (2) study of players, (3) study of the contexts of the previous two.“[8] Videospiele sind in der Lage, eine relevante kulturelle Botschaft zu vermitteln und dabei unter Einbezug utopischer Elemente gesellschaftliche Veränderungen erfahrbar zu machen. Mehr noch, gerade das Medium Videospiel ist wie kein anderes in der Lage, utopische Szenarien greifbar zu machen und dank seines Simulationscharakters ein Was-wäre-wenn vom Wissensraum in den Handlungs­raum überzuleiten. Im Folgenden erläutere ich daher zuerst, was ich mit utopischen Spielen meine, und zeige dann an drei Beispielen auf, wie Spiele dank spezifischer Spielmechaniken[9] utopisches Handeln in der Erfahrung des Spiels ermöglichen.

1. Utopische Spiele: Eine Annäherung an den Begriff

Bevor wir den Handlungsraum utopischer Spiele näher beleuchten, bedarf es noch einer Definition dessen, was als utopisches Spiel gelten kann. So sind zum Beispiel Shooter häufig in fiktionalen Welten angesiedelt, in denen Gewalt die einzige Möglichkeit ist, zu überleben (in aktiven Kriegsgebieten, während Zombie- oder Alien-Invasionen etc.), und die vermutlich schon deswegen von den meisten Spieler*innen als schlechter als die eigene wahrgenommen würden ‒ doch ob man deswegen von einer Dystopie sprechen kann, ist fraglich. So spielt ein Klassiker des Genres wie Doom (id Software 1993) etwa auf dem Marsmond Phobos, wo eine Forschungs­station von Dämonen überrannt wurde. Eine Welt, in der man von Dämonen zerfleischt werden kann, wird den meisten wohl kaum als besser denn die eigene gelten, wodurch das Setting oberflächlich als dystopisches Element wahrgenommen wird. Die Kritik an wissenschaftlicher Hybris und die Glorifizierung der militärischen Gewalt im Spiel sind deutliche Zeichen einer albtraumartigen Gesellschaft – doch steht eben diese Gesellschaft nicht im Zentrum der Darstellungen; wir erfahren nichts über soziales Miteinander, politische Verhältnisse oder das Wirtschaftssystem. Sargents Definition einer in einigem Detailreichtum dargestellten Gesellschaft ist nur begrenzt erfüllt. Stattdessen müssen sich Setting und Handlung der Spielmechanik einer gewaltorientierten Action unterordnen (also: Zielen, Schießen, Überleben). Handeln steht über Handlung.

Ein Strategiespiel wie Civilization (Microprose 1991) hingegen offeriert eine Vielzahl gesellschaftlicher Merkmale: Von der Simulation städtischen Lebens, über die Entwicklung neuer Technologien, bis zur Anpassung von Staatsformen wird eine Gesellschaft in möglichst hohem Detailreichtum dargestellt. Auch Spielmechaniken sind an diese Ausrichtung angepasst, geben sie etwa als Ziele vor, dass man die Eroberung der gesamten Weltkarte erreichen oder durch zivilisatorische Erfolge, wie die Besiedelung des Alls, als ultimative Staatsmacht aus einem Wettstreit mit anderen hervorgehen soll. Eine Zivilisation zu dauerhaftem Erfolg zu führen, mag vielen als eutopisches Element gelten. Aus der Sicht einer freiheitlichen, pluralistischen und gleichberechtigten Gesellschaft jedoch werden im Spiel Civilization problematische Ideologien transportiert, die eine kritische Reflexion erfordern. So propagiert das Spiel Imperialismus und rassistischen Siedler-Kolonialismus, der sich nicht nur in der Tagline „Build an Empire to Stand the Test of Time“ und der Titulierung indigener Völker als „Barbaren“ wiederfindet, sondern auch auf Ebene der Mechanik spiegelt – so kann man mit indigenen Völkern nur interagieren, indem man sie angreift und tötet, um Reichtümer zu erobern und mögliches Wissen um Technologien zu assimilieren.[10]

Generell ist die Übertragung von literarisch-theoretischen Kategorien in spiel­theoretische, wie der Bezug „utopischer Literatur“ zu „utopischen Spielen“, also von einem Medium auf das andere schwierig. So sind Genres im Spiel nicht nur als Beschreibungen verbindender ästhetischer oder inhaltlicher Aspekte zu verstehen, sondern auch als Gruppierungen mit vergleichbarer haptischer oder kognitiver Anforderung an die Spielpraxis. Im Videospiel werden, wie Paweł Frelik ausführt, Genres aufgrund fehlender Übereinkünfte unter Kritiker*innen sehr unterschiedlich gruppiert.[11] So sind Horror-Games sehr wohl durch eine bestimmte Ästhetik oder die durch Spieler*innen erfahrenen Affekte verbunden, doch Shooter beispielsweise sind Spiele, in denen ‚geschossen‘ wird – verbindende ästhetische oder inhaltliche Elemente (wie Setting, Charaktere, stereotype Objekte etc.) sind irrelevant. Zusätzlich aber können sich ästhetische mit spielpraktischen Genrekategorien verbinden, so dass beispielsweise Horror-Shooter, Science-Fiction-Shooter oder Western-Shooter möglich sind, aber auch Science-Fiction-Strategiespiele oder Horror-Puzzlespiele. Insgesamt gibt es eine Vielzahl sowohl spielpraktischer als auch ästhetischer Genrekategorien, so dass eine Zuordnung immer eine Frage der individuellen Aushandlung ist.

Was aber ist gemeint, wenn es um utopische Videospiele geht? Lyman Tower Sargent bezeichnet Utopismus als „soziales Träumen“[12] – also als die Möglichkeit, sich aus einer Situation, in der sich eine Gesellschaft befindet, herauszudenken und im Imaginären eine Alternative zu erproben. Eine ähnliche Funktion hat die utopisch-imaginative Literatur laut Keith Booker: „Imaginative literature is one of the most important means by which any culture can investigate new ways of defining itself and of exploring alternatives to the social and political status quo.“[13] Für Booker steht die Funktion einer Kritik, das Hinterfragen bestehender politischer Positionen, im Zentrum utopischen Denkens. Utopismus beschreibt eine Haltung innerhalb von Kulturprodukten, kritisch über Missstände in der Gesellschaft zu sprechen und alternative Wege aufzuweisen (sowohl durch eutopisch-positive Beispiele als auch durch dystopisch-negative). Gerade dystopische Texte äußern damit gegenüber der sie erschaffenden Kultur, so Booker, eine Position des Widerstands, entwickeln eine kritische Energie.[14] Bookers Überlegungen zu einer solchen kritischen Haltung lassen sich auf Videospiele übertragen und so sind ‚kritisch-utopische Videospiele‘ diejenigen, deren Setting, Narration oder Spielmechanik eine kritische Komponente haben und die so Spieler*innen anregen, sich mit Alternativen zur dargestellten Gesellschaft auseinanderzusetzen. Es handelt sich beim Utopismus dieser Spiele um eine Haltung, die graduell aufgerufen werden kann. So ist das oben genannte Doom zwar in seinem Setting einer dämonischen Invasion tendenziell dystopisch, verweigert aber konkrete Aussagen zur dargestellten Gesellschaft und einer möglichen besseren Alternative. Insofern kann Doom nur minimal auf utopische Elemente verweisen und ist als utopisches Videospiel nicht produktiv. Civilization hingegen ist tendenziell eutopisch in der Prämisse, eine erfolgreiche Gesellschaft zu errichten. Die Darstellung entsprechend vieler gesellschaftlicher Faktoren, die hierauf Einfluss haben, verweist ebenfalls auf utopisches Handeln. Doch die hinter der Spielmechanik liegende Ideologie eines Siedler-Kolonialismus, die vom westlich-kapitalistischen Mediensystem (der Spielewirtschaft, den Konsument*innen) hier transportiert und akzeptiert wird, muss in der heutigen Zeit kritisch hinterfragt werden. Das Spiel als Eutopie zu lesen, bedeutet die darin vermittelte rassistische Weltsicht zu ignorieren. Ob das Spiel als eutopisch oder dystopisch gewertet wird, hängt also stark von der kulturellen Reflexion der oder des Bewertenden ab, und davon, welche Ebenen des Kulturguts Videospiel in die Bewertung einbezogen werden.

Insgesamt finden sich eine Vielzahl Spiele mit utopischen Elementen, vor allem in Hinsicht auf Setting und Narration. Wie an den oben genannten Beispielen aber deutlich wird, sind nicht alle Spiele gleichermaßen produktiv, wenn es darum geht, utopische Elemente im Spiel erkennbar zu machen. Eine kulturwissenschaftliche Erkenntnis sehe ich daher vor allem gegeben, wenn utopisches Handeln auf der Ebene von Spielmechanik bzw. Spiellogik verhandelt wird.

2. Entscheidungen: Deus Ex

Das Beispiel Doom zeigt, wie manche Spiele sich darauf beschränken, utopische Motive in ihrem Setting aufzurufen und sich mit Hilfe visueller oder narrativer Elemente in die Nähe utopischer Kritik zu stellen. Das funktioniert besonders gut, wenn das Setting sich bekannter Motive aus Romanen oder Filmen bedient, wie es etwa bei Cyberpunk-Spielen der Fall ist. Gerade die im Cyberpunk dargestellten hyperkapitalistischen Systeme, die virtuellen Welten, die urbanen Settings und das sich stark verändernde Verhältnis von Mensch und Technologie sind für Videospiele ein idealer Fundus, aus dem utopische Potentiale entstehen können. Insbesondere die posthumanistischen Themenstellungen bieten die Chance, mit Hilfe von Spielmechaniken Fragen wie die nach dem Personenstatus von künstlicher Intelligenz oder den ethischen Konsequenzen menschlicher Verbesserungen durch Technologie direkt an die Spieler*innen weiterzugeben. Ein gutes Beispiel, wie dies schon durch einfache Spielmechaniken gelingen kann, ist die Deus Ex-Reihe[15], in der Spieler*innen moralische Entscheidungen treffen müssen, die im Idealfall eine kritische Beschäftigung mit dem Posthumanismus[16] voraussetzen.

Die Deus Ex-Spiele präsentieren eine Cyberpunk-Welt, in der Konzerne mit brutalen Mitteln um Macht ringen. In dieser Welt lassen Menschen sich ‚augmentieren‘: Sie lassen Körperteile durch technische Implantate ersetzen, um leistungsfähiger zu werden. Damit einher geht der Konflikt um die politische Frage, wie Augmentierte und nicht Augmentierte zueinander stehen und wie Gesetze die neue Posthumanität zu regulieren haben. Spieler*innen übernehmen in jedem der Spiele eine Figur, die in den Machtpoker der Corporations hineingezogen wird und so auf der Ebene der Erzählung in der Lage ist, zentrale Entscheidungen zu treffen, die das gesellschaftliche Gefüge maßgeblich verändern werden. So etwa in Deus Ex: Human Revolution, das – wie Steven Joyce es formuliert – Spieler*innen anregt, sich zum Posthumanismus zu positionieren, indem es sie mit der Frage konfrontiert: „how far we can immerse ourselves in technology before we are transformed by it?”[17]

Um solche Entscheidungen textimmanent zu begründen, benötigen Spiele narrative Elemente, die Spieler*innen einzelne Positionen zu diesen Themen näherbringen und den gesellschaftlichen Hintergrund der Spielwelt ausarbeiten. In den frühen 1980er Jahren setzte man noch auf textbasierte Spielmechaniken, mit denen es möglich war, viele Details wie im Roman zu beschreiben. In der weiteren technischen Entwicklung wurden narrative Elemente und der damit verbundene Aufbau von Spielwelten dank wachsender Rechenleistung mittels atmosphärisch dichter, aber linear verlaufender Cut-Scenes (sprich: in Form filmischer Sequenzen) transportiert. Wie hier utopische Momente in der Spielwelt verankert werden, wie also gesellschaftliche Strukturen und deren kritisches Potential sich im Spiel wiederfinden, ist in seiner Medialität entsprechend mal der Literatur entnommen, mal dem Film – in beiden Fällen ist das Medienspezifische des Spiels jedoch gering ausgeprägt und Spieler*innen können nicht selbst aktiv handeln.

Seit etwa den 2000er Jahren versuchen Spiele diesen medialen Bruch zu vermeiden und Spieler*innen möglichst nahtlos in die dargestellte Welt eintauchen zu lassen – also Immersion in die Spielwelt und deren gesellschaftliche Struktur zu ermöglichen. Ebenso bruchlos solltendie Entscheidungen und Handlungen der Spieler*innen sozio-politisch reflektiert werden. Hierfür nutzen Spiele intradiegetische Verweise, wie etwa Kommunikation mit ‚Non-Player Characters‘ (kurz: NPCs), bei denen Spieler*innen die Kontrolle über ihre Spielfigur behalten und sich für verschiedene Pfade der Konversation entscheiden. Möglich sind auch in der Spielwelt verteilte Daten­sätze, die die Welt erklären – etwa Schriftstücke wie Zeitungen, Werbung, Briefe, E-Mails, Webseiten, aber auch Ton- oder Videoaufnahmen wie Fernsehen, Überwachungsvideos, Mitschnitte, Durchsagen. Die so entstehende Immersion erlaubt es Spieler*innen, sich stärker an den Ent­scheidungen in der Spielwelt beteiligt zu fühlen. Die vermittelte Geschichte wird erfahren statt nur erzählt, und Spieler*innen erleben sich als Teil von Ereignissen.

In Deus Ex: Human Revolution übernehmen Spieler*innen die Rolle von Adam Jensen[18], der als Sicherheitsberater für den Augment-Hersteller Sarif Industries arbeitet und einen terroristischen Angriff auf den Konzern aufzuklären versucht. Im Lauf des Spiels kann Adam Gespräche von NPCs im Vorbeigehen hören (oder belauschen), E-Mails und Dokumente auf Computern lesen, die offiziell veröffentlichten Nachrichten von Picus Communications im Fernsehen anschauen oder auf News-Tablets lesen und in direkte Kommunikation mit NPCs treten. Dabei kann Adam beispielsweise ein Gespräch von Polizisten über Augmentierungen mithören, in dem diese sich die Frage stellen, ob sie ihren Job noch ohne Implantate erfüllen können. Eine offizielle E-Mail auf dem Polizeiserver wiederum weist auf die Gleichstellung von augmentierten und nicht augmentierten Kolleg*innen hin und stellt Diskriminierungen unter Strafe. Dem Spiel gelingt es also durch kleinere narrative Elemente, die ohne medialen Bruch von dem Spieler bzw. der Spielerin wahrgenommen werden, soziale Ungleichheit in Bezug auf die Nutzung von Augmentierungen aufzuzeigen und so Parallelen zu anderen Formen systemischer Diskriminierung herzustellen.

Um Spiele mit einer noch größeren narrativen Immersion zu versehen, können Spielmechaniken auf sogenannte persistente Welten zurückgreifen – d.h. eine einmal getroffene Entscheidung kann in der Spielwelt nicht rückgängig gemacht werden und verändert diese nachhaltig, so dass die Entscheidungen von Spieler*innen eine höhere Relevanz erhalten. In der „Bar Tap“-Mission von Human Revolution etwa soll Adam eine junge Maklerin ausfindig machen, die sich illegal eine Sozialverstärker- und Pheromon-Augmentierung zur Manipulation ihrer Kundschaft hat einsetzen lassen und ihre ‚Miete‘ an die lokale kriminelle Organisation, die das möglich gemacht hat, nicht mehr zahlen kann. Im Gespräch mit ihr wird deutlich, dass sie das Augment benötigt, um auf dem Markt mit der Konkurrenz noch Schritt halten zu können, aber nicht genug Geld hat, um der Erpressung länger nachzugeben. Um die Mission zum Erfolg zu führen, gibt es verschiedene Handlungswege, darunter auch die Option, die Augmentierung zu entfernen und an die kriminelle Organisation zurückzugeben. Dies aber missfällt dem Auftraggeber, der sich um eine Einnahmequelle gebracht sieht und der deswegen nicht mehr bereit ist, ein Meeting mit seinem Boss zu ermöglichen. Verschiedene Entscheidungen der Spieler*innen haben jeweils nachvollziehbare Konsequenzen im Spiel. Wichtig ist, dass die Entscheidungen über Handlungen im Spiel bestimmte Wege schließen und so in den Spieler*innen ethische Konflikte entstehen, die der kritisch-utopischen Idee, gesellschaftliche Alternativen zu präsentieren, näherkommen.

Aber auch Entscheidungen der Spieler*innen bzgl. der eigenen Spielfigur sind relevant für die Immersion. So nutzen viele Spiele die Möglichkeit, Spieler*innen einen veränderbaren Avatar an die Hand zu geben, also die eigene Spielfigur weiterzuentwickeln und somit Spielsituationen durch bestimmte Fähigkeiten zu beeinflussen. In Human Revolution können Spieler*innen etwa entscheiden, welche von Adams Augmentierungen im Verlauf des Spiels freigeschaltet werden. Bestimmte Aufgaben, die Adam zu erfüllen hat, bieten verschiedene Handlungsoptionen, je nach aktivierten Augmentierungen. So muss Adam in ein gesichertes Gebäude einbrechen, wofür er, beispielsweise mit verstärkter Armmuskulatur, schwere Container verschieben und sich so einen Einstieg verschaffen kann; alternativ die Schlösser an den Sicherheitstüren mit seiner Intelligenz-Augmentierung hacken kann oder, als dritte Option, die Sozialverstärker dazu nutzen kann, einen Wachmann klug in der Konversation zu manipulieren. Gegner können umgangen, betäubt oder getötet werden. Wichtig ist, dass das Spiel, im Gegensatz zu anderen Genrevertretern, nicht zwangsläufig die gewaltsame Lösung vorgibt. Für Miguel Sicart ist Deus Ex deswegen ein ethisches Spiel, das seine Spieler*innen dazu auffordert, die Bedeutung ihrer Handlungen zu reflektieren und sie ethisch zu bewerten – Sicart nennt das „ethical responsibility“[19]. Je nachdem, welche Entscheidung der Spieler bzw. die Spielerin trifft, wird er bzw. sie bestimmte Augmentierungen kaufen und den Charakter entsprechend weiterentwickeln.

Verbindet man nun Entscheidungen bezüglich der Charakterentwicklung und eine persistente Welt mit kritischer Reflexion der zugrunde liegenden Ideologie, bieten Videospiele die Möglichkeit, aktuelle gesellschaftliche Probleme nicht nur zu diskutieren, sondern direkt erfahrbar zu machen. In Deus Ex: Human Revolution etwa wird Adam durch einen Terrorangriff zu Beginn des Spiels schwer verletzt und erhält die Augmentierungen gegen seinen Willen eingesetzt. Das gesamte Spiel über kann der Spieler bzw. die Spielerin verschiedene Positionen zum Posthumanismus und der technischen Verbesserung des Menschen ergründen und schließlich selbst eine Einstellung dazu finden.

Begründet ist das utopische Potential des Spiels im Posthumanismus als der Möglichkeit der Verbesserung des Menschen durch Technologie – die, im Falle von Adam, diesem das Leben gerettet hat und ihn zu einem leistungsfähigeren Bodyguard macht. Kybernetische Prothesen helfen dabei, körperliche Versehrtheit auszugleichen und Leistungsfähigkeit zu steigern. Hinzu kommt, dass die Welt des Spiels deutlich von den Problemen eines hyperaggressiven Kapitalismus gezeichnet ist – alle Augmentierungen sind Konsumgüter, die affluenten Bürger*innen einen Vorteil verschaffen. Die Herstellung von Augmentierungen geschieht auf einem Markt, der hart von den Biotechfirmen umkämpft ist. Und da Augmentierungen als Fremdobjekte im eigenen Körper durch mögliche Abstoßung gefährdet sind und ein kontinuierliches Einnehmen eines potenten Medikaments erforderlich machen, verstärkt die Medizin hier die ökonomische Ungleichheit noch. Im Spiel wird das Medikament durch ein Monopol der LIMB-Kliniken (steht für „liberty in mind and body“) genutzt, um maximalen Profit zu generieren. Die hohe Nachfrage in der sich ständig weiter technisierenden Bevölkerung führt zu illegalem Handel und dem Drogenmissbrauch ähnlichen sozialen Problemen.

Zusätzlich eröffnet das Spiel die soziopolitische Dimension des Posthumanismus, indem es eine Verschwörung und den biopolitischen Machtmissbrauch gegenüber allen Augmentierten thematisch in den Vordergrund stellt. Verschiedene Parteien, sowohl Corporations als auch die Politik, nutzen einen in den Technologien implantierten Chip, um Kontrolle über Augmentierungen zu erlangen und so ihre Positionen zu stärken. Am Ende bietet das Spiel Spieler*innen verschiedene Schlusssequenzen zur Auswahl an, die unterschiedliche gesellschaftliche Konsequenzen mit sich bringen und verschiedene ethische Positionen zur Nutzung von Augmentierungen voraussetzen. Spieler*innen entscheiden darüber, ob durch die Politik mehr oder weniger politische Kontrolle über Augmentierung ausgeübt, ob die Macht bei wenigen Plutokraten liegen soll oder im demokratischen Diskurs. Damit versetzt Human Revolution Spieler*innen in die Lage, aktuelle Debatten um biotechnologische Entwicklungen und deren ethisch-soziale Konsequenzen zu erleben und letztlich durch Spielentscheidungen mitzubestimmen. Diese erlebte Entscheidung verleiht Spieler*innen eine utopische Position, begründet in der kritischen Haltung gegenüber der Spielwelt, wie Christian Knöppler argumentiert: „The challenge of decision-making, coupled with the ambiguity of the options given, imbues the player experience with a (perceived) significance, even as the games’ vision of the future is mired in pessimism“[20].

Aktuelle Spiele bieten Spieler*innen eine Vielzahl von Spielmechaniken, die eine Immersivität in die Spielwelt fördern und so individuelle Entscheidungsprozesse erzeugen. Die nahtlos in die Spielwelt integrierte Aufnahme von Hintergrundwissen, die relevanten Veränderungen des Spiels durch unterschiedliche Entwicklungsverläufe im Avatar oder in verschiedenen Handlungsbögen erlauben ein Erfahren von Welt, nicht nur dessen passive Rezeption. So können Spieler*innen zu einer kritischen Position gegenüber der Spielwelt gelangen und etwa bestimmte ideologische Muster anzweifeln. Hierin liegt das große Potential des Videospiels, denn es kann Spieler*innen moralische Entscheidungen vorlegen und durch eigene Handlungen erleben lassen, was die kulturelle Reflexion gesellschaftlich relevanter Themen über das Maß eines Romans oder Films hinaus anregt.

3. Das Problem des freien Willens: BioShock

Durch die Narration des Spiels werden Spieler*innen verschiedene Argumentationen für eine Entscheidung präsentiert, die diese dann aus unterschiedlichen Begründungen heraus auswählen können. Während also die Entscheidung einerseits (inhaltlich) frei ist – beispielsweise sich für oder gegen eine Unterdrückung zu entscheiden –, so sind die funktionalen Parameter dieser Entscheidung (ja/nein, auf Basis welcher Informationen, zu welchem Zeitpunkt, revidierbar oder nicht) andererseits durch die Programmierung des Spiels vorgegeben. Erst wenn das Spiel bestimmte Optionen für eine Entscheidung freigibt, können Spieler*innen über deren Inhalt entscheiden. So verweist Alexander Galloway darauf, dass Spiele eine Allegorie auf politische Macht sind, da sie „informatische Kontrolle“ (also Kontrolle mittels Informationstechnologie und Algorithmen) zum expliziten Gegenstand ihrer Produktivität machen.[21] Ein Spiel zu spielen bedeutet nicht, eine Simulation zu erfahren, sondern die spielbestimmenden Algorithmen zu erlernen und zu nutzen: „The gamer is instead learning, internalizing, and becoming intimate with a massive, multipart, global algorithm.“[22] Der Sieg in einem Spiel ist gleichzusetzen mit dem möglichst vollständigen Wissen darum, wie ein Spiel aufgebaut ist, welche Parameter es an bestimmte Entscheidungen knüpft und wie es die Eingaben dazu verarbeitet. Wie zentral diese Erkenntnis für alle Spiele ist, und wie sehr sie allegorisch auf informatisch-politische Macht wirkt, kann am Beispiel von BioShock aufgezeigt werden.

BioShock (2K Boston und 2K Australia, 2007) gilt als eines der erfolgreichsten und künstlerisch wertvollsten Spiele der letzten Jahre, das mit BioShock 2 (2k Marin, 2010) und BioShock Infinite (Irrational Games, 2013) zwei ebenfalls erfolgreiche Nachfolger hatte. In BioShock übernehmen Spieler*innen die Rolle von Jack, der im Jahr 1960 nach einem Flugzeugabsturz den Eingang zur geheimen Unterwasserwelt Rapture findet. In den 1940er Jahren vom Unternehmer Andrew Ryan als objektivistische Utopie gegründet, garantiert das Leben in Rapture seinen Bewohner*innen völlige unternehmerische, kreative und wissenschaftliche Freiheit. Staatliche Einfluss­nahme wird umgangen und ein libertäres Paradies erschaffen. Doch die Utopie hält nicht lange. Als ein genetischer Botenstoff namens ADAM entdeckt wird, der es den Bewohner*innen erlaubt, ihre DNS zu verändern und übermenschliche Fähigkeiten zu entwickeln, bricht ein Bürgerkrieg aus – angetrieben von Machtkämpfen zwischen Ryan und seinem Konkurrenten Fontaine. Die Stadt fällt ins Chaos und die genetisch aufgepumpten Bürger*innen mutieren zu unkontrollierten Monstern, sogenannten „Splicern“, die sich nach ADAM verzehren. Spieler*innen finden sich durch Zufall in diesem Krieg wieder, versuchen, die utopischen Räume in der Stadt nachzuvollziehen und dabei lange genug zu überleben, um Rapture wieder verlassen zu können. Sie erhalten Hilfe und Hintergrundinformationen von Atlas, einem Verbündeten, der ebenfalls aus Rapture zu flüchten versucht.

In Hinsicht auf die Elemente spielerischer Freiheit bietet BioShock,wie auch Deus Ex: Human Revolution, Spieler*innen eine hohe Entscheidungsgewalt. Zwar ist die Spielwelt relativ linear in progressiv schwerer werdende Level aufgeteilt, dafür können diese aber frei erkundet werden. Die Hintergrundinformationen zur Welt und die Anleitung, wie das Spiel zu spielen ist, liefert BioShock nicht durch Cut-Scenes, sondern immersiv in Konversationen mit NPCs wie Atlas, durch Audiofiles, die Jack findet, und durch das Setting selbst. Darüber hinaus entwickelt Jack sich im Laufe des Spiels durch die Nutzung von ADAM weiter – Spieler*innen entscheiden darüber, welche Spieltaktik sie anwenden und welche Fähigkeiten sie Jack zusprechen wollen. Probleme lassen sich oft durch verschiedene Strategien lösen – Waffengewalt, Manipulation von Gegner*innen, Heimlichkeit oder technische Finesse. Insgesamt können Spieler*innen in vier verschiedenen Kategorien jeweils bis zu sechs Fähigkeiten aus einem Katalog von etwa 70 auswählen.

Letztlich bietet BioShock einen Mechanismus, der den Spieler*innen moralische Entscheidungen abverlangt, die sich in verschiedenen Endsequenzen auf die zukünftige Gesellschaftsform nachhaltig auswirken und die sowohl eine eutopische als auch eine dystopische Weiterentwicklung erlauben.[23] Immer wieder muss Jack im Spiel ADAM aufnehmen, um sich genetisch anpassen zu können. Er tut dies aber nur, indem er das ADAM bestimmten anderen Bewohnern Raptures abnimmt – den sogenannten Little Sisters, kleinen Mädchen, die genetisch dazu versklavt sind, ADAM zu sammeln. Jack steht vor der Wahl, die Mädchen zu töten, um schnell und effektiv an ADAM zu gelangen, oder die Mädchen zu retten, indem er sie heilt, dabei aber einen Teil des ADAMs verliert. Diese Entscheidung liegt bei den Spieler*innen und verändert den Abschluss der Geschichte. Betrachtet man Spielmechaniken und die offene Entscheidungsstruktur, dann ist BioShock ein idealer Kandidat für eine kritische Auseinandersetzung mit utopischem Handeln im Videospiel, in dem Spieler*innen alternative Wege für eine andere Gesellschaft erforschen können.

Doch BioShocks Verhältnis zur Freiheit seiner Spieler*innen ist weitaus komplexer als diese erste Lesart vermuten lässt. So ist die Entscheidung, ob der Spieler bzw. die Spielerin die Little Sisters tötet oder heilt, einzig für die per Cut-Scene summarisch erzählten Veränderungen der Welt nach Abschluss des Spiels von echter Relevanz. Persistente Veränderungen im Umgang mit NPCs oder das Schließen bestimmter Missionen oder Pfade sind nicht damit verbunden. Hinzu kommt, dass sich die Entscheidung spielmechanisch als relativ konsequenzlos entpuppt und das Spiel letztlich nur minimal beeinflusst. So kann man errechnen, dass Spieler*innen gerade einmal auf ca. 9% des verfügbaren ADAMs verzichten müssen, wenn sie sich für die Rettung der Little Sisters entscheiden. Im Gegenzug gleicht das Spiel den Verlust durch Boni in Form zusätzlicher Plasmide und Tonics (Spielverbesserungen anderer Art) aus. Die Entscheidung für oder gegen Gewalt an den Little Sisters ist also, wie Bourgonjon et al. bemerken, nicht mit einer moralischen Konsequenz behaftet, sondern kann im Grunde aufgrund der favorisierten Waffenauswahl getroffen werden.[24] Spieler*innen müssen nicht schwerere Kämpfe überstehen, wenn sie ethisch handeln, oder Einschränkungen in den Interaktionen erleiden, wenn sie es nicht tun. Wie Sicart erläutert, werden Spieler*innen der ‚informatischen Kontrolle‘ folgen:

Players will react to the dilemmas not with a moral stance, but with their player logic, focused on achieving their goals in the game experience […]. The game turns their alleged key ethical decision-making mechanic into a resource management process that does not require any type of moral reasoning for the player to succeed.[25]

In der Narration von BioShock wird die Mechanik zwar als ethische Entscheidung des Handelns aufgebaut, bleibt jedoch ohne direkt erfahrbare Auswirkungen für den Spieler bzw. die Spielerin. Im Gegensatz zu Sicart sehe ich hierin aber kein Versäumnis des Spiels selbst, sondern eine Kritik an den Bedingungen der ‚informatischen Kontrolle‘ als Machtsystem. Wie ich anderswo erläutert habe, will das Spiel vermitteln, dass die Handlung des Einzelnen (das Retten der Little Sisters) nicht die in Rapture gesellschaftlich vorherrschende und damit systemisch verankerte Ausbeutung aufwiegen kann.[26]

Neben der fehlenden gesellschaftlichen Konsequenz moralischer Entscheidungen des Individuums verweist das Spiel auf die Beschränkungen des freien Willens im System einer ‚informatischen Kontrolle‘. Besonders deutlich wird die Frage nach der Lenkung der Spieler*innen durch den Algorithmus in Bezug auf die Ideologie­kritik im Herzen des Spiels: Die dystopischen Elemente von BioShock fokussieren vor allem die Entwicklung der Splicer*innen als technologie­süchtige, willenlose und unmenschliche Wesen – sich voll und ganz der Genmanipulation oder einer anderen Technologie zu über­antworten ist gleichbedeutend damit, seine Menschlichkeit zu verlieren. Unterlaufen wird diese Kritik des Spiels aber insofern sie spielmechanisch ausgehebelt wird, denn BioShock zwingt Spieler*innen dazu, ihren Charakter genauso der Gentechnik zu überantworten. Wollte das Spiel eine technologiekritische Position einnehmen, dann müsste es möglich sein, ohne die Nutzung von ADAM das Spiel zu meistern. Doch hier geht BioShock einen anderen, komplexeren Weg.

An wichtigen Punkten des Spiels setzt BioShock auf sogenanntes ‚Railroading‘, erlaubt nur Handlungen ‚wie auf Schienen‘ und verweigert die Suche nach alternativen Lösungswegen. Das Spiel nutzt dafür Cut-Scenes oder gescriptete Events (also Ereignisse, die im regulären Spielgeschehen passieren, aber nicht beeinflusst werden können) und Einschränkungen in der Charakterentwicklung. Das Spiel erzwingt so die Nutzung von genverändernden Stoffen (im Spiel: Plasmide) in einigen zentralen Szenen. So gerät Jack an eine Tür, die nur elektrisch geöffnet werden kann. Um dies zu erreichen, offeriert BioShock das ‚Electrobolt‘-Plasmid als einzig zugelassene Lösung, die Jack so verändert, dass er in der Lage ist, elektrische Energie mit den Händen abzugeben. Wo sonst alternative Wege zum Ziel führen, zwingt das Spiel die Spieler*innen zur Nutzung der Technologie – also ideologisch gesehen dazu, sich dem dystopischen System anzupassen. Dissens ist nicht möglich, was sich auch daran ablesen lässt, dass die Reaktion auf das Plasmid mit einer der wenigen Cut-Scenes des Spiels den völligen Kontrollverlust der Spielerin bzw. des Spielers noch verstärkt, insofern Jack in der Szene durch die Splicer*innen bedroht wird.

Ähnliche Situationen, allerdings ohne die Cut-Scene, finden sich erneut bei der Verwendung weiterer Plasmide: ‚Abfackeln‘, das benötigt wird, um einen zugefrorenen Weg passierbar zu machen, und ‚Telekinese‘, ohne die ein notwendiger Schlüssel nicht zu erreichen ist. In allen drei Fällen suggeriert die Verwendung der Plasmide eine erzwungene Anpassung an das dystopische System und bestätigt damit die Unaus­weichlichkeit der systemischen Macht und der informatischen Kontrolle.

Doch BioShock geht noch weiter und zeigt auf, dass diese systemische Kontrolle auch auf den Spieler oder die Spielerin selbst zu übertragen ist. Wie bereits erwähnt, können Spieler*innen eine kritische Haltung gegenüber der gespielten utopischen Welt einnehmen, wenn sie frei entscheiden können, was sie tun, und diese Handlungen Konsequenzen für die Welt haben. Die Game Designer Katie Salen und Eric Zimmerman bezeichnen dies als bedeutsame Entscheidung („meaningful choice“)[27] und beziehen sich dabei vor allem auf das Verhältnis von Entscheidung und systemischer Reaktion.

BioShock arbeitet mit einer narrativen Volte, um die bedeutsamen Entscheidungen, die Spieler*innen getroffen haben, ihrer Grundlage zu berauben. Atlas, der Jack geholfen hat, erweist sich als Alter Ego von Fontaine und offenbart, dass Jack behavioristisch konditioniert wurde und durch einen Schlüsselsatz dazu gebracht werden kann, alles zu tun, was man von ihm verlangt. In einer weiteren Cut-Scene erfahren Spieler*innen, dass der Satz „Wärst du so freundlich …“ Jack zwingt, auf eine bestimmte Art zu handeln. Die Cut-Scene vermittelt in Rückblenden, wie und wo dieser Satz bisher zum Einsatz kam. Die Erkenntnis, dass Videospiele ihre Spieler*innen exakt auf diese Art zu Handlungen manipulieren, lässt den Betrug Fontaines an Jack zum Betrug BioShocks an seinen Spieler*innen werden. Andrew Vanden Bossche argumentiert etwa: „the effectiveness of this moment all comes through exploiting the fact that players aren’t often able to question what they’re told“[28]. Es wird deutlich, wie sehr BioShock (wie Spiele generell) die Spieler*innen kontrolliert und nicht umgekehrt: „when the player really wants the chance to exercise free will, that option is firmly denied“[29].

Das Spiel kokettiert mit dem ungeschriebenen Vertrag zwischen Spieler*innen und Spieldesigner*innen, dass Spieler*innen nur die Illusion von Freiheit erhalten, im Endeffekt aber das System durch algorithmische Regeln voll und ganz das Handeln vorbestimmt. Das Spiel offenbart die sklavische Befolgung der Entwicklervorgaben und die Konformität der Spielenden mit dem System – es zeigt, wie wenig freie Entscheidung im Spielverhalten selbst liegt. Als solches entspricht der „Wärst du so freundlich“-Twist von BioShock in etwa dem literarisch berühmten Stiefel des Großen Bruders im Gesicht von Winston Smith am Ende von George Orwells Roman 1984. Die Kritik am dystopischen System ist, dass es bereits gewonnen hat und Spieler*innen willens sind mitzumachen. Hinzu kommt, dass nach dem Twist und der Erkenntnis der Manipulation diese auch weiterhin im Spiel nicht zu umgehen ist – wenn Spieler*innen BioShock beenden möchten, dann müssen sie weiterhin dem System gehorchen und die vom Spiel gestellten Aufgaben erfüllen. BioShock vermittelt Spieler*innen die gelebte Erfahrung des Kontrollverlusts und der systemischen Manipulation durch informatische Kontrolle – die Dystopie, jegliche Freiheit abgegeben zu haben, wird schmerzlich erlebbar.

4. Soziales Experiment: DayZ

Im Gegensatz zum beabsichtigten Offenlegen der Begrenzung von spielerischer Freiheit durch BioShock versucht DayZ (2012, Entwickler: Dean Hall) die systemische Kontrolle über Spieler*innen möglichst gering zu halten und bietet eine so überwältigende Freiheit des Handelns, dass auch hierin utopisches Potential erkennbar wird. DayZ ist eine Game-Mod für die Militärsimulation ArmA II (Bohemia Interactive, 2009) – also eine von Spieler*innen selbst geschriebene Modifikation des Originalspiels. Der Erfolg der Mod führte 2013 zur Entwicklung eines eigenständigen Spiels durch Bohemia Interactive, das allerdings fünf Jahre in einer Art spielbaren Testphase war, bevor es Ende 2018 veröffentlicht wurde. Diese ungewöhnliche Entstehung aus einer Community heraus und unter langjähriger Beteiligung von Spieler*innen am Entwicklungsprozess begründet auch, warum eine Analyse der Mod (Veränderungen durch das 2018er Spiel sind unberücksichtigt) und seiner utopischen Potentiale über den Text selbst hinausreichen muss. Zentrale Motivation von DayZ ist das Überleben der Spieler*innen in einer kargen Welt nach einer Zombieapokalypse. Spieler*innen finden sich mit minimaler Ausrüstung in einer fiktiven Welt wieder, in der 95 Prozent der Menschen zu Zombies geworden sind und die restlichen fünf Prozent zu überleben versuchen.

DayZ ist insofern ein Sonderfall, als selbst diese ‚Handlung‘ nur durch die Website der Mod vermittelt wird.[30] In DayZ selbst existiert keine vorgegebene Narration, keinerlei Mission oder notwendige Bewegung. Damit bietet die Mod die ultimative Freiheit für Spieler*innen, selbst zu entscheiden, was passieren soll, muss oder kann. Die Spielmechanik beschränkt sich auf die Simulation des Überlebens und verzichtet vollständig auf das, was Lev Manovich als „narrative actions“ beschrieben hat – Handlungen, die durch die Spielerin bzw. den Spieler initiiert werden müssen, um die Erzählung des Spiels voranzutreiben.[31] Vielmehr besteht das Spiel ausschließlich aus „exploration“, was Manovich als selbst­genügende Bewegung im Spiel ohne narrative Notwendigkeit bezeichnet.[32] DayZ konzentriert sich vollkommen auf die Erfahrung der Welt des Spiels und erhebt das Erkunden zum Spielprinzip schlechthin. Es gibt keinerlei Vorgabe irgendwelcher narrativer Motivationen, sehr wohl jedoch algorithmische Notwendigkeiten. Wer nicht handelt, wird binnen kurzer Zeit verdursten oder von herumstreunenden Zombies gegessen. Um zu überleben, benötigt man Nahrung, Wasser, Wärme und Mittel, sich zu verteidigen. All dies muss in der postapokalyptischen Welt durch Erkundung erreicht werden. Der Antrieb zu überleben – nirgends explizit als Spielziel angegeben – ist dauerhaft präsent, auch wenn es keine Punkte, Trophäen oder Zwischenziele gibt. Die durch­schnittliche Überlebensdauer für Spielanfänger*innen beträgt nur wenige Minuten. Avatare können verdursten, verhungern, erfrieren, ange­griffen werden, sich bei einem Sturz verletzen, verbluten, sich vergiften und vieles mehr. Eine persistente Welt, in der selbst nach Wochen oder Monaten Spielzeit einzelne Handlungen zum Verlust des Avatars führen können (und damit zum Verlust aller erreichten ‚Erfolge‘, wie Sicherheit in einer Siedlung oder Gruppenzugehörigkeit), führt bei Spieler*innen zu einer hohen Immersion und intensiven emotionalen Identifikation mit den Spielfiguren.[33]

Das Fehlen jeglicher durch die Mod genannten Zielvorgaben bedeutet deswegen auch keineswegs, dass Spieler*innen keine Möglichkeit zur Handlung oder zur Erstellung eines Narrativs besitzen. Im Gegenteil, Spieler*innen nutzen die Unbestimmtheit des Spiels, sich völlig frei zu entfalten und die postapokalyptische Welt mit eigenen Erzählungen zu füllen. Diese werden in YouTube-Videos oder als Nacherzählungen in Foren festgehalten und als DayZ-Chronicles Teil der Spielerfahrung. Spieler*innen organisieren sich in Clans oder Gruppen, etablieren Siedlungen und erarbeiten kooperative Ziele, an denen man sich beteiligen kann. Ein zentraler Aspekt, insbesondere der nacherzählten oder als Videos geteilten Geschichten, umfasst moralische Entscheidungen – in ihnen wird das ‚Richtig oder Falsch‘ bestimmter Handlungen in der Mod verhandelt. Ohne Algorithmen oder eine rahmende Story sind jegliche Handlungen moralisch wie auch spielmechanisch frei von Sanktionen. Kooperatives Handeln kann es ermöglichen, Sicherheit vor Zombieüberfällen zu generieren, Wunden besser heilen zu können, Vorratssuche zu vereinfachen und sogar komplexe technische Geräte zu reparieren, weil hierfür sehr viel und lange nach Ressourcen gesucht werden muss, was einzelne Personen kaum schaffen. Doch dafür ist ein Grundvertrauen in die anderen Spieler*innen notwendig, dass diese nicht den kurzfristigen eigenen Vorteil nutzen, sondern gemeinsam an langfristigen Zielen arbeiten. Die Folge ist, dass kooperatives Handeln und langfristiger Vorteil im Spiel immer gegen den höheren kurzfristigen Gewinn Einzelner abgewogen wird, wie Marcus Carter, Greg Wadley und Martin Gibbs feststellen.[34] Verrat kann sich in jeder Situation auszahlen, weil der eigene Avatar Nahrung, Munition oder andere Ressourcen für sich selbst nutzen kann. So entwickelt sich DayZ, laut Andy Kelly, zu einem faszinierenden gesellschaftlichen Experiment, in dem psychologisch zu sehen ist, wie Menschen in einer individualistischen Mangelgesellschaft agieren.[35] Die Mod erlaubt das Ausrauben, Ermorden und Erniedrigen anderer Spieler*innen – es erlaubt aber auch das Helfen, Erretten und Kooperieren für größere Ziele.

Wichtig ist jedoch, dass die reine Spielerfahrung, also das Erleben des Spiels selbst notwendig ist, um eine moralische Wertung über das utopische Potential des Gesellschafts­systems auszusprechen. Keine vorgegebene Geschichte und keine gescripteten Events bestimmen die Reaktion der Spieler*innen. Das ‚Was-wäre-wenn‘ von DayZ ist für jeden selbst erlebbar. Die Offenheit der Simulation erlaubt das soziale Experiment, das soziale Träumen, und ist damit in seinem Ansatz ein radikal utopisches Handeln. Das digitale Medium des Videospiels bietet die Möglichkeit zur immersiven Simulation einer anderen Welt. Persönliche Werte und individuelle Moral bestimmen also das jeweils erfahrene Spiel eines jeden Spielers und einer jeder Spielerin und entsprechend den Erfahrungen dieser Person mit der Welt. Jede Entscheidung ist bedeutend, sie bestimmt die Zukunft dieser Welt. Damit leistet ein Spiel wie DayZ etwas, was kein anderes Medium zu leisten vermag: die Erfahrbarkeit utopischen Handelns und dessen Konsequenzen. Und es verrät in der Praxis, wie schwierig es ist, eine Dystopie zu verhindern und stattdessen eine Eutopie zu generieren.

Was die drei hier diskutierten Beispiele verdeutlicht haben sollten, ist, dass im Gegensatz zu Buch oder Film Videospiele ihren Spieler*innen auf unterschiedliche Art und Weise die Möglichkeit eröffnen, eine gesellschaftliche Kritik nicht nur zu diskutieren, sondern diese erfahrbar zu machen. Die so entstehende persönliche Geschichte erlaubt einen Bezug zu den Ereignissen und zur entstehenden utopischen Welt. Die Kritik wird direkter und somit prägender, weil ich selbst an den Entscheidungen beteiligt war, die Situation (wenn auch virtuell) erlebt habe.


[1] Der Artikel hat mehrere Iterationen durchlaufen. Ich nutze die deutsche Übersetzung der Überarbeitung von 1993. Lyman Tower Sargent. Wiedersehen mit den drei Gesichtern des Utopismus. Übers. von Lars Schmeink. In: Zeitschrift für Fantastikforschung 3 (2012). S. 98-144.

[2] Sargent. Wiedersehen (wie Anm. 1). S. 111f.

[3] Tom Moylan. Demand the Impossible. Science Fiction and the Utopian Imagination. New York: Methuen 1996. S. 43.

[4] Tom Moylan. Scraps of the Untainted Sky. Science Fiction, Utopia, Dystopia. Boulder: Westview 2000. S. 195.

[5] Offiziell durch eine Rede von Kanzlerin Angela Merkel als Kulturgut deklariert und im September 2017 vom Kulturrat anerkannt, sind mit der Legislaturperiode seit 2018 Kulturförderprogramme für Spielentwickler*innen erweitert worden. Vgl. Olaf Zimmermann. Kulturgut Computerspiele. In: Kulturrat.de, 1. Sep 2017, https://www.kulturrat.de/themen/kulturgut-computerspiele/kulturgut-computerspiele/ (letzter Zugriff: 30. 4.2020).

[6] So verweist die Süddeutsche Zeitung darauf, dass wegen mangelnder Autorenschaft („fehlt bei Spielen eine Instanz wie der Regisseur“) die gesellschaftliche Anerkennung gegenüber Filmen oder Büchern stark zurückbleibt. Nicolas Freund. Als Kulturgut nicht ernstgenommen. In: Sueddeutsche.de vom 10. Januar 2019, https://www.sueddeutsche.de/kultur/computerspiele-kulturgut-autoren-1.4280636-0 (letzter Zugriff: 30. 4.2020).

[7] Johan Huizinga. Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel [1938]. Reinbek: Rowohlt 2011. S. 9.

[8] Frans Mäyrä. An Introduction to Game Studies. Games in Culture. Los Angeles: Sage 2008. S. 2.

[9] Die Definition des Begriffs der „Spielmechanik“ ist in den Game Studies nicht eindeutig geklärt. Philipp Bojahr und Michelle Herte finden als gemeinsamen Nenner aber den Bezug der Spielmechanik auf die Interaktion von Spieler*innen mit dem Spiel: „Aus der Benutzerperspektive erlaubt sie dem Spieler über das Interface Eingaben, die vom Spielsystem in Abstimmung mit den Spielregeln prozessiert werden und dann den Spielzustand verändern, der wiederum dem Spieler über das Interface erfahrbar gemacht wird und ihn zu einer neuen Eingabe veranlasst.“ Philipp Bojahr/Michelle Herte. Spielmechanik. In: Game Studies. Hg. Benjamin Beil/Thomas Hensel/Andreas Rauscher. Wiesbaden: Springer VS 2018. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13498-3_12

[10] Siehe hierzu beispielsweise: Sybille Lammes. On the Border. Pleasures of Exploration and Colonial Mastery in Civilization III Play the World. In: Level Up. Digital Games Research Conference Proceedings. Utrecht: DiGRA/Utrecht School of the Arts. S. 120-129, http://www.digra.org/digital-library/publications/on-the-border-pleasure-of-exploration-and-colonial-mastery-in-civilization-iii-play-the-world/ (letzter Zugriff: 30.4.2020). Oder auch Souvik Mukherjee. Videogames and Postcolonialism, Empire Plays Back. New York: Palgrave Macmillan 2017.

[11] Paweł Frelik. Video Games. In: The Oxford Handbook of Science Fiction. Hg. Rob Latham. Oxford: Oxford UP 2014. S. 226-38, hier S. 228.

[12] Damit ist sowohl positiv-sehnendes wie auch negativ-warnendes Träumen gemeint. Vgl. Sargent. Wiedersehen (wie Anm. 1). S. 102.

[13] M. Keith Booker. Dystopian Literature. A Theory and Research Guide. Westport: Greenwood 1994. S. 3.

[14] Ebd.

[15] Die Hauptspiele der Reihe sind Deus Ex (Ion Storm, 2000), Deus Ex: Invisible War (Ion Storm, 2003), und die als Prequels hierzu angelegten Deus Ex: Human Revolution (Eidos Montreal, 2011) und Deus Ex: Mankind Divided (Eidos Montreal, 2016). Dazu sind noch zwei mobile Varianten erschienen, Deus Ex: The Fall (N-Fusion Interactive, 2013) und Deus Ex Go (Square Enix Montreal, 2016), sowie Comics und ein Roman. Aus Platzgründen konzentriere ich mich im Folgenden vor allem auf Deus Ex: Human Revolution als beispielhaft für die gesamte Reihe.

[16] Der Begriff des Posthumanismus ist in der Ideengeschichte recht neu und bislang ohne eindeutige Definition. Er bezieht sich sowohl auf konkrete Fragen einer Weiterentwicklung des Menschen durch Technologie (das Posthumane), als auch auf philosophische Gedanken zu einer Neubewertung der Conditio humana (Post-Humanismus). Vgl. dazu Stefan Herbrechter. Posthumanismus. Eine kritische Einführung. Darmstadt: WBG 2009; Robert Ranisch/Stefan Lorenz Sorgner. Post- and Transhumanism. An Introduction. Bern: Peter Lang 2014.

[17] Stephen Joyce. Playing for Virtually Real. Cyberpunk Aesthetics and Ethics in Deus Ex: Human Revolution. In: Cyberpunk and Visual Culture. Hg. Graham J. Murphy/Lars Schmeink. New York: Routledge 2018. S. 155-73, hier S. 164.

[18] In vielen Mainstreamspielen, dazu gehört auch das Deus Ex-Franchise, ist bislang kaum Repräsentation von Frauen in den spielbaren Figuren vorzufinden. Spielerinnen sind gezwungen, mit männlichen Avataren zu spielen. Die Repräsentation von LGBTQ oder BIPoC ist noch weniger gegeben.

[19] Miguel Sicart. The Ethics of Computer Games. Cambridge; London: MIT Press 2009. S. 2.

[20] Christian Knöppler. Deus Ex (Case Study). In: The Routledge Companion to Cyberpunk Culture. Hg. Anna McFarlane/Graham J. Murphy/Lars Schmeink. New York: Routledge 2020. S. 193-99, hier S. 199.

[21] Alexander Galloway. Gaming. Essays on Algorithmic Culture. Minneapolis: University of Minnesota Press 2006, hier S. 90.

[22] Ebd., S. 90.

[23] Mehr zum eutopisch-dystopischen Potential der Endsequenzen in: Lars Schmeink. Dystopia, Alternate History and the Posthuman in Bioshock. In: COPAS. Current Objectives of Postgraduate American Studies 10 (2009).  https://copas.uni-regensburg.de/article/view/113/137 (letzter Zugriff: 7.5.2020).

[24] Jeroen Bourgonjon et al. From Counter-Strike to Counter-Statement. Using Burke’s pentad as a tool for analysing video games. In: Digital Creativity 22/2 (2011). S. 91-102. https://doi.org/10.1080/14626268.2011.578577 (letzter Zugriff: 7.5.2020).

[25] Sicart. Ethics (wie Anm. 19). S. 160.

[26] Lars Schmeink. Biopunk Dystopias. Genetic Engineering, Society, and Science Fiction. Liverpool: Liverpool UP 2016. S. 168.

[27] Katie Salen/Eric Zimmerman. Rules of Play. Game Design Fundamentals. Cambridge: MIT Press 2004. Kap. 6:5.

[28] Andrew Vanden Bossche. Analysis. Would You Kindly? BioShock And Free Will. In: Gamasutra vom 18. August 2009. https://www.gamasutra.com/view/news/115766/Analysis_Would_You_Kindly_ BioShock_And_Free_Will.php (letzter Zugriff: 5.5.2020).

[29] Ebd.

[30] Durch die Entwicklung von Mod zu Spiel ist die Webseite der Mod (DayZ.com) durch eine kommerzielle Spieleseite ersetzt worden. Das Original ist nur über Web.Archive zu erreichen.

https://web.archive.org/web/20150207075353/http://dayz.com/game (letzter Zugriff: 5.5.2020).

[31] Lev Manovich. The Language of New Media. Cambridge: MIT Press 2001. S. 247.

[32] Ebd.

[33] Carter, Wadley und Gibbs untersuchen die sozialen Interaktionen im Spiel und verweisen auf eine im Vergleich zu anderen Onlinespielen erhöhte emotionale Intensität der sozialen Aktivitäten und ein „increased drama“ beim Verlust von Charakteren aufgrund der persistenten Welt. Marcus Carter/Greg Wadley/Martin Gibbs. Friendly, Don’t Shoot! How Communication Design Can Enable Novel Social Interactions. In: OzCHI Conference. 26-30. November 2012. https://doi.org/10.1145/2414536.2414548 (letzter Zugriff: 5.5.2020).

[34] Ebd.

[35] Andy Kelly. How Player Interaction Makes DayZ a Fascinating Social Experiment. In: Edge, 14 Feb. 2014. https://web.archive.org/web/20140301224506/http://www.edge-online.com/features/how-player-interaction-makes-dayz-a-fascinating-social-experiment/ (letzter Zugriff: 5.5.2020).


This originally appeared in as:

Schmeink, Lars. „Gespielte Zukunft: Utopien im Videospiel.“ Utopien und Dystopien: Historische Wurzeln und Gegenwart von Paradies und Katastrophe. Hg. von Isabelle Stauffer, Corinna Dziudzia und Sebastian Tatzel. Aisthesis, 2022. 21–41.